Schon immer ein Familienunternehmen
Geboren in Dreieichenhain, nicht weit entfernt vom Firmensitz im hessischen Büttelborn in der Nähe von Darmstadt, startete Wolfgang Eichler seine bemerkenswerte Lebensreise am 2. Februar 1953. Sein Vater, ein gelernter Einzelhandelskaufmann, legte 1959 mit seinem Einstieg bei Hegro (Heydinger und Eichler Großhandel) einen der Grundsteine für die Igefa. Am 1. Januar 1960 gesellte sich der Großvater von Eichler dazu, da der Mitinhaber Heydinger seine Anteile verkaufen wollte. „Mein Großvater war eigentlich Betreiber eines Kinos, verkaufte dies jedoch, da er die Chancen in der Hegro sah. Da war er schon ein bisschen hellseherisch, denn er ahnte den späteren Niedergang bedingt durch die stärkere Verbreitung des Fernsehens“, erläutert er schmunzelnd. Endgültig zum Familienunternehmen wurde die Hegro, ausgehend von einem Wäschereigroßhandel mit Waschmitteln, Seifen und Textilien, durch seinen Onkel, der 1962 dazustieß.
Er selbst verlebte eine fast „klassische“ Kindheits- und Jugendzeit bis hin zum Abitur und den ersten Berührungen mit den Geschäftsaktivitäten des elterlichen Betriebs. Schon während der Ferienzeiten half er im Lager und an anderen Stellen aus und gewann so einen ersten Eindruck und den „Stallgeruch“. Auf das Abitur 1971 folgte die Wehrdienstzeit und ein Betriebswirtschaftsstudium an der Uni in Frankfurt. „Ich habe mir da schon ein bisschen Zeit gelassen im Studium, aber geschadet hat es ja, wie man sieht, nicht“, erzählt er lachend mit Blick auf die Zeitschiene. Am 1. Januar 1981 erfolgte der Start im Unternehmen. Auf die Nachfrage, ob er es jemals bereut hat oder es Alternativen gegeben hätte, konstatiert er: „Mein Vater war zu dem Zeitpunkt gesundheitlich angeschlagen und hatte mir vorgeschlagen, wenn ich es will, in die Firma einzusteigen“, schildert er den Beginn, „Für mich passte das ganz gut, weil ich mir das vorstellen konnte. Nicht ganz ohne Grund habe ich ein kaufmännisch orientiertes Studienfach gewählt. Hinzu kam noch, dass ich mich im Studium mit den Grundlagen der Programmierung beschäftigt hatte und das konnte ich bestens zur Anwendung bringen, denn im Unternehmen lief das meiste noch händisch oder wie man heute so schön sagt, analog.“ Ab dem Zeitpunkt ist sein weiterer Werdegang stark mit der Igefa verbunden, man könnte fast sagen, das eine ist ohne das andere nicht mehr denkbar. Hegro hatte sich zu dem Zeitpunkt zu einem florierenden und konstant wachsenden Großhandel entwickelt, so dass nach dem Start in einem Bauernhaus in Frankfurt-Unterliederbach in eine Halle nach Dreieich umgezogen wurde. Damit erweiterte sich die Angebotspalette, da nun die Gebäudereiniger als Kunden betreut wurden. 1963 schlossen sich viele Händler der von Eugen Martin in Freiburg gegründeten Igefa an, so auch die Hegro. Nach vielen Querelen beschlossen 1975 die umsatzstarken Mitglieder die Igefa zu verlassen und die „Neue Igefa“ zu gründen. Durch die Übernahme des ersten Vorsitzes durch Helmut Uhlenwinkel und später Adolf Kruse entstand die Igefa der letzten 40 Jahre mit den bis dato bekannten Mitgliedern.
Vom „einfachen“ Angestellten, der sich anfänglich um die IT kümmerte, später auch größere Kunden betreute, erfolgte 1982 für Eichler der Aufstieg in die Geschäftsleitung, damals der erste Junior innerhalb der Igefa, der in einem der Partnerunternehmen in diese Position bekleidete. Daran erinnert er sich gerne, denn dadurch kam es auch zu einigen Kuriositäten: „Obwohl ich einer der Vorreiter war, durfte ich nicht mit in die Inhaberrunde, sondern in die der Verkaufsleiter. Das hat sich dann aber relativ schnell geändert, denn nach mir kamen so langsam die anderen „jungen Wilden“ dazu.“
Eine verrückte Zeit
Dies macht Wolfgang Eichler gerne an einigen Stationen bis hin zur Neuaufstellung der Igefa als SE ab dem 1. Januar 2022 fest. Sicherlich sind das die Wege hin zu einer Installation der Igefa übergreifenden IT-Lösung, dem einheitlichen Artikelstamm oder die Neugründungen in den neuen Bundesländern und auf jeden Fall der Umzug in die neuen Geschäftsräume in Büttelborn 2002. „Schaut man auf die Neugründungen in den neuen Bundesländern, so hatte man da die Chance, ein völlig neues Unternehmen mit all seinen Strukturen aufzubauen und zum Erfolg zu führen“, erläutert er, „Und das war echt eine fordernde Aufgabe, doch der Umzug des kompletten, eigenen Unternehmen an einen neuen Standort, das vergisst man nicht so leicht.“ Nach dem Ausscheiden seines Vaters 1989 übernahm er als Mitgesellschafter die volle Verantwortung und ging Ende der 1990er den Neubau an. Als sein Vater das neue Hochregallager sah, kommentierte er das mit einem „Das kriegst Du nie voll.“ Und zugegebenermaßen hat ihn er Umzug auch einige schlaflose Monate gekostet. Es war alles ein bisschen chaotisch am Anfang, da erstmals in der Igefa das Lagerverwaltungssystem LVS eingeführt wurde, aber dank der Hilfe durch die anderen Igefa-Partner, die ihn unterstützten, hat er die Probleme mit seiner Mannschaft in den Griff bekommen und das Lager füllte sich ebenfalls. 2010 erfolgte der Zusammenschluss mit der Firma Kammerer und man firmierte als Eichler-Kammerer mit vier Niederlassungen. Den Schlusspunkt setzte die Neuausrichtung und Neustrukturierung der Igefa. Aus der Idee dreier Mitglieder eine Holding zu gründen, um die Schlagkräftigkeit zu erhöhen, wurde die Gründung der SE und Wolfgang Eichler fand gleichzeitig eine gute Nachfolgelösung für sein Unternehmen. Mittlerweile er begleitet er die Entwicklung der Igefa SE als Aufsichtsrat. „Das waren 40 Jahre Berufsleben Hegro und Igefa im absoluten Schnelldurchgang. Eigentlich ist so viel passiert, dass es für ein ganzes Buch reichen könnte“, amüsiert er sich.
„Bin noch kein Rentner, aber…“
Schon in den ersten Minuten des Interviews ließ er durchblicken, dass er eigentlich sich weder als Rentner, geschweige denn als Urgestein fühlt. „Aber“, sagt er mit entspannter Miene, „jetzt haben wir so langsam alles unter einen Hut bekommen, die großen Dinge sind durch die Überführung der Hegro sowie Eichler-Kammerer in die Igefa SE in trockenen Tüchern. Nach der arbeitsreichen Zeit der letzten zwei Jahre kann ich es etwas ruhiger angehen lassen und kümmere mich um die Eichler Beteiligungsgesellschaft, in der mich meine Tochter und mein Schwiegersohn vollumfänglich unterstützen.“ Das heißt, dass er seinen Hobbys wie dem Mountainbiken, Golfen und im Winter Ski sowie Schlittschuhlaufen mehr Platz im Leben einräumt. Dabei spielt seine zweite Heimat in Kärnten eine große Rolle. Und auch seine Familie ist dabei im Fokus. Mit seiner Frau hat er noch die ein oder andere Fernreise vor, gerne nach Südamerika oder Afrika und, das betont er, auf jeden Fall mit Outdoor-Übernachten. „Da ist meine Frau deutlich entspannter, als wenn ich mich mit dem Mountainbike in die Berge aufmache“, gibt er zum Besten, „obwohl ich eine Elektrounterstützung habe.“ Wenn er sein Leben resümiert, dann sieht er, dass er immer gut die Herausforderungen gemeistert hat. Insbesondere der Umgang mit seinen Mitarbeitern lag ihm am Herzen – nicht ohne Grund sind langjährige Beschäftigungsverhältnisse keine Seltenheit und auch beim Rundgang durch den Firmensitz fällt auf, dass er die Mitarbeiter gut kennt und umgekehrt gleiches gilt. So formuliert er seine Tipps an die nachfolgenden Generationen: „Gut mit den Mitarbeitern umgehen und darauf achten, dass es immer ein Geben und Nehmen ist. Darüber hinaus auf sich schauen und dafür sorgen, dass man besser wird.“
Text: Mark Schmiechen