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Die Zahlen bessern sich, die Stimmung bleibt gedrückt

Die Stimmung in Deutschlands beschäftigungsstärkstem Handwerk bleibt gedrückt – das ist das Ergebnis der kürzlich veröffentlichten Frühjahrs-Konjunkturumfrage des Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV).

Frühjahrs-Konjunkturumfrage des BIV

Demnach blicken 24,3 % der befragten Unternehmen (Herbst 2024: 18,5 %) auf das laufende Geschäftsjahr mit positiver Prognose. Eine Mehrheit von 48,2 % (Herbst 2024: 43,4 %) geht von gleichbleibenden Geschäften aus. 27,5 % (Herbst 2024: 38,1 %) blicken mit negativen Vorzeichen auf das Gesamtjahr. Damit haben sich die Zahlen gegenüber dem Prognose-Tief aus dem Oktober 2024 stabilisiert, zeichnen aber weiterhin ein Bild von Stagnation und Vorsicht.
Der designierten neuen Bundesregierung und den geplanten Koalitionsvorhaben begegnen die Unternehmen mit Zurückhaltung und deutlicher Kritik in der Sache. Eine knappe Mehrheit von 55,3 % der befragten Unternehmen traut der „Großen Koalition“ („eindeutig“ bis „eher“) zu, den Wirtschaftsstandort in den kommenden Jahren zu stärken. 44,7 % glauben andererseits nicht an einen wirtschaftspolitischen Aufschwung durch Union und SPD.
Auch der Blick auf den Koalitionsvertrag fällt zurückhaltend aus: als „gut“ bis „überwiegend gut“ bewerten das politische Kompromisspapier 30,6 % der Unternehmen. Allerdings lehnen den Koalitionsvertrag auch 24,4 % als „überwiegend schlecht“ bis „schlecht“ ab. Eine Mehrheit von 45 % hält den Koalitionsvertrag unterm Strich für lediglich „mäßig“.

Gebäudereinigung profitiert nicht von geplanten Entlastungen
Laut Koalitionsvertrag sollen im Sinne der Wirtschaft steuerliche Abschreibungsregeln angepasst werden – für 2025, 2026 und 2027 soll bei Ausrüstungsinvestitionen eine degressive Abschreibung von 30 % gelten. Zudem sollen die Stromkosten sinken. Ab 2028 ist geplant, die Körperschaftssteuer über fünf Jahre um jeweils einen Prozentpunkt abzusenken. Das Gebäudereiniger-Handwerk allerdings – so das kritische Urteil der Unternehmen – profitiert von derlei Entlastungskonzepten kaum: 63,7, % und damit rund zwei Drittel der befragten Betriebe helfen die Pläne „gar nicht“, „so gut wie gar nicht“ bzw. „eher wenig“. 32,3 % geben an, die Pläne sorgten für „ein wenig“ Entlastung. 3,6 % halten die Pläne für „recht gut“, 0,4 % für „sehr gut“.
„Die bisherigen Entlastungspläne der Koalition sind ernüchternd.  Steuersenkungen ab 2028 sind nicht ernst zunehmen. Abschreibungsmöglichkeiten dienen womöglich der Industrie – unserem Handwerk mit einer Personalkostenquote von im Schnitt 85 % ist damit wenig geholfen“, so Bundesinnungsmeister Thomas Dietrich. „Richtige Entlastungspolitik für Unternehmen und Beschäftigte gleichermaßen gibt es nur, wenn sich die Politik endlich an tiefgreifende Reformen in den Sozialversicherungen herantraut. Die Lohnnebenkosten müssen runter.“

Kritik an drohendem Eingriff in die Tarifautonomie
Das Gebäudereiniger-Handwerk verfügt seit Jahrzehnten über starke tarifpolitische Strukturen. Aktuell liegen die beiden allgemeinverbindlichen Branchenmindestlöhne bei 14,25 Euro (ungelerntes Personal) bzw. bei 17,65 Euro (Fachkräfte). 2026 steigen die Tariflöhne auf 15 bzw. auf 18,40 Euro.
Die Gebäudereinigung liegt mit ihren eigenen Branchenmindestlöhnen grundsätzlich über dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn, der 2015 in Deutschland eingeführt wurde. Dennoch gibt es eine klare Haltung zur Tarifautonomie und zur schwelenden Mindestlohndebatte. Das Grundprinzip der unpolitischen Löhne ist für eine Mehrheit von 89,6 % der Unternehmen von großer Wichtigkeit. 10,4 % halten das Prinzip für „weniger wichtig“ bzw. für „unwichtig“.
Gerade die Sozialdemokraten haben in den vergangenen Wochen immer wieder öffentlich angekündigt, sich nicht an das Votum der unabhängigen Mindestlohnkommission gebunden zu fühlen.
„Diese Haltung ist wohlfeil und opportunistisch“, so Bundesinnungsmeister Thomas Dietrich. „Entweder gilt die Tarifautonomie und damit auch das Votum der unabhängigen Mindestlohnkommission oder das Parlament legt künftig Löhne fest. Tarifautonomie und Staatslöhne zugleich kann es aber nicht geben.“