Experten schätzen, dass jährlich 400.000 bis 600.000 Menschen an nosokomialen Infektionen erkranken, also Infektionen, die im Krankenhaus stattgefunden haben. 10.000 bis 20.000 dieser Menschen versterben aufgrund der Infektion – jedes Jahr. Im Gesundheitswesen stellt die korrekte Händehygiene die wichtigste Maßnahme zur Vermeidung von nosokomialen Infektionen dar. Das sogenannte „Multibarrieresystem“ zur Vermeidung von Krankenhausinfektionen, welches von der am Robert Koch-Institut angesiedelten Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (kurz: KRINKO) als Standard empfohlen wird, gibt jedoch auch der desinfizierenden Flächenreinigung im Krankenhaus einen entsprechenden Stellenwert.
Leitlinien in die Praxis übersetzt
Der Bundesverband für Hygiene und Krankenhausreinigung (BHUK) e. V. macht sich für anwendungserprobte Hygienestandards im Krankenhausumfeld und die Vermeidung von nosokomialen Infektionen stark. Er versteht sich als Plattform für den Austausch und die Erarbeitung einheitlicher, praxisnaher und nachvollziehbarer Empfehlungen und Leitfäden rund um hygienerelevante Themen. Verbandsmitglieder, die aufgrund ihrer Praxiserfahrungen wertvolle Beispiele aus dem Arbeitsalltag einbringen können, schließen sich in Projektgruppen zusammen, um aktuelle Fragestellungen und Herausforderungen zu bearbeiten.
Der BHUK hat in seiner Verbandsarbeit bereits verschiedenen Praxisleitfäden erarbeitet. Die Leitfäden beschreiben die Maßnahmen bei einer Schlussdesinfektion von Bereichen mit Infektionsgefahren, die korrekte Ausstattung eines Reinigungswagens im Gesundheitswesen und das kontaminationsfreie An- und Ablegen von Schutzkleidung bei Infektionsgefahren. Zudem wurde eine Übersicht mit komplementären Verfahren zur Wischdesinfektion erstellt. Alle Leitfäden und Handreichungen sind über die Website des BHUK (www.bhuk.de) frei verfügbar.
Fehlende Fachkräfte im Reinigungswesen – Chancen der Digitalisierung nutzen
Der Fachkräftemangel macht auch vor Krankenhäusern keinen Halt. Die hohe Fluktuation an Mitarbeitenden und das spezielle Einsatzfeld bringen einige Herausforderungen mit sich: Das wiederholte Anlernen, die Vermittlung von speziellem Wissen für die Krankenhausreinigung, das Kennenlernen der räumlichen Infrastruktur und der Prozesse im Krankenhaus. Aktuell beschäftigt sich deswegen auch eine Projektgruppe des Verbandes mit der Digitalisierung in der Krankenhausreinigung. Ziel des Projektes ist es, einen vollumfänglichen Anforderungskatalog für die Digitalisierung verschiedener Prozesse zu erarbeiten.
„Digitale Unterstützungen sind eine große Chance zur effizienteren Ergebnissicherung in der Krankenhausreinigung“, meint Lena Schomakers, Projektleitung beim HTK Hygiene Technologie Kompetenzzentrum aus Bamberg, ein Mitglied des BHUK e. V. Das Institut agiert als Projektdienstleister im Gesundheitswesen und begleitet seine Kunden bei der Umsetzung von Innovationsvorhaben. So wurde vom HTK in einem Projekt die Digitalisierung des Leistungsverzeichnis in einem Klinikum mit fast 1000 Patientenbetten erprobt.
Ein Praxisbeispiel: Digitale und raumspezifische Gebrauchsanweisung
Das HTK hat als anwendungsorientiertes Institut bei der Entwicklung der Software den Fokus auf die korrekte Ausführung von Reinigungsprozessen gelegt. Die Patientenzimmer wurden dabei mit NFC-Chips ausgestattet, auf denen die Raum-ID und die Raumgruppe der Zimmer entsprechend der DIN 13063-Krankenhausreinigung hinterlegt waren. Wenn die Reinigungskraft einen Raum betritt, scannt sie mit einem Tablet den Chip und erhält damit eine Art Gebrauchsanweisung für den Raum. Dadurch weiß sie, welche Bereiche in welcher Reihenfolge und mit welchem Equipment gereinigt werden müssen. Auch Intervallleistungen, wie das Reinigen von Heizkörpern werden dort entsprechend angezeigt. Außerdem kann die Objektleitung über das Tool erkennen, welche Räume an dem Arbeitstag bereits gereinigt wurden und welche noch zu erledigen sind. Neben der Prozessbeschreibung dient das Tool auch zur Dokumentation der Reinigungsprozesse. Die damit einhergehenden Arbeitserleichterungen geben den Reinigungskräften zum einen Sicherheit in ihrem Arbeitsalltag, zum anderen wird damit die Ergebnisqualität unterstützt.
Solche Praxiserfahrungen der Mitglieder des BHUK e. V. machen die Verbandsarbeit so wertvoll und vielseitig. In einem aktuellen Projekt zur Digitalisierung soll der Blick auch noch auf weitere Punkte wie die Einsatzplanung, Abrechnung und Anbindung an die krankenhausinternen IT-Systeme gelegt werden. Wer hier vom Austausch mit Praktikern profitieren möchte und sich engagieren will, kann sich einfach über die Webseite als Mitglied anmelden. Außerdem bietet die Präsenzveranstaltung des BHUK e. V. am 24. und 25. Oktober 2023 die Möglichkeit, die Mitglieder persönlich kennenzulernen und von den Fachvorträgen zu profitieren.
Autorinnen: Lena Schomakers und Erika Lehn, HTK Hygiene Technologie Kompetenzzentrum GmbH