- Fachbeitrag
„Net babbeln – machen…“
Urgesteine der Reinigungsbranche: Stefan Hammel (Harema)
Es konnte gar nicht anders kommen?
Rückblickend würde er das sogar unterschreiben, ist Stefan Hammel sich sicher. Zumindest der Weg etwas tatkräftig zu erreichen, lag ihm, als Sohn eines Kleinunternehmers, quasi ab dem Zeitpunkt der Geburt am 19. Februar 1959 in Frankfurt im Blut. Doch erstmal wuchs er mit seinen beiden Schwestern im beschaulichen Jügesheim (heute einer der fünf Stadtteile Rodgaus) südlich von Frankfurt am Main auf. Seine Mama managte den Haushalt und der Papa war zu der Zeit schon selbständig unterwegs (die ganze Geschichte dazu, lässt sich in unserem Urgestein-Buch nachlesen). Für Stefan bedeutete das aber, dass er schon früh mit dem Geschäft des Papas, der Fensterleder und Schwämme, die er selbst bearbeitete an Reinigungsfirmen verkaufte, in Berührung kam. Mit 8 Jahren stapfte er in Gummistiefeln durch die Scheune, in der der Papa die importierten Naturschwämme bleichte und half ihm.
„Ich wollte machen, machen und machen…“
Der Drang voranzukommen und nicht lang rumzubabbeln, zeigte im weiteren Werdegang die unterschiedlichsten Ausprägungen. So führte es dazu, dass er früh Pakete vom Firmengelände zum Bahnhof per Lieferwagen verfrachtete, sich auf diesem Wege seine erste Levis Jeans „organisierte“ und das Verhältnis zu seinem Vater durch seine Unbekümmertheit ein wenig belastet war. Nach der Grundschule
ging es auf die weiterführende Schule, aber statt nach der 10 Klasse sich, wie von ihm geplant, ins Arbeitsleben zu stürzen, machte er auf der Berufsfachschule in Obertshausen, bedingt durch leichten Druck seines damaligen Klassenlehrers und des Vaters doch mit 19 sein Abitur. Die Bundeswehr umging er als Kriegsdienstverweigerer – heute würde er es anders handhaben – und fing eine Ausbildung bei Progress in Stuttgart an. „Das war natürlich klasse. Weg von zuhause, auf eigenen Füßen stehen und sich behaupten bzw. schauen, ob man auf dem richtigen Weg ist.“, erinnert er sich mit einem breiten Grinsen an die Zeit. Aber so ein richtiger Macher ist mit einem Job nicht wirklich ausgelastet, also ging er abends noch bei Electroma, die derzeit Einscheibenmaschinen bauten, lernen und arbeiten. Dank seines Abiturs verkürzte sich die Ausbildung, so dass er mit 21 Jahren als Groß- und Außenhandelskaufmann vor der nächsten Entscheidung seines Lebens stand. In der Tasche hatte er eine Angebot von Progress als Jungvertriebler ein- und nach einem Jahr zum Niederlassungsleiter aufzusteigen. Eins war zu diesem Zeitpunkt sicher – er ist der geborene Kaufmann.
Schlüsselerlebnis Nr. 1
Bis zu diesem Zeitpunkt beschreibt er sein Verhältnis zum Vater, wie bei Heranwachsenden üblich, als etwas schwierig, aber – und das betont er – an diesem Scheideweg gab es ein sehr gutes Gespräch, das das Verhältnis schlagartig verbesserte. Sein Vater bot ihm an in das Unternehmen, was zu der Zeit nach dem Umzug von Jügesheim nach Rodgau sieben Mitarbeiter hatte, zu übernehmen. „Er sagte mir: „Ich kann Dir zwar nicht so viel zahlen, wie Du bei Progress bekommen könntest, aber hier hast Du Möglichkeit etwas aufzubauen und zu entwickeln.“, schildert Stefan Hammel den entscheidenden Moment im Gespräch. „Darüber hinaus setzte er mich nicht unter Druck, sondern gab mir die Zeit eine Entscheidung zu treffen.“ So kam es, wie man es nicht anders von Stefan Hammel erwarten konnte. Er nahm das Angebot seines Vaters an, da er dort mit viel mehr Freiheiten ausgestattet, sein Ding machen konnte. Er übernahm anfangs den Außendienst und belieferte die Kunden mit dem firmeneignen Lieferwagen.
Schlüsselerlebnis Nr. 2
Mitte der 1980er Jahre erkannte er die Notwendigkeit größerer Transportmöglichkeiten und schlug seinem Vater den Kauf eines LKWs mit Ladebühne vor. Nach anfänglichem Zögern lies dieser ihn bestellen und stellte fraglos die Finanzierung sicher. Bis zum Schlüsselerlebnis Nr. 3 wurde 1987 aus der Harema Walter Hammer die Harema GmbH
Schlüsselerlebnis Nr. 3
Dieses zeigt für Stefan Hammel, dass sein Vater vollstes Vertrauen in ihn hatte. Ende der 1980er Jahre trug er sich mit der Idee zusammen mit Gianpaolo Redi in Italien eine Firma für die Mopps- und Fahreimerproduktion zu gründen. Die erste Frage seines Vaters war nicht warum, sondern wieviel Geld er brauchen würde. So wurde 1990 die Ready System s.r.l. gegründet. Und 1991 übernahm er die alleinige Geschäftsführung der Harema GmbH. Ab 1993 entstand dann die Niederlassung in Lichtenstein, heute St. Egidien. 2004 wurde mit den Partnern Hasenkampf und Koch die Reinigung System Partner als Vertriebsgemeinschaft gegründet. 2015 schloss man sich der Highclean Gruppe an, um eine starke Einkaufgemeinschaft zu haben. Im gleichen Jahr verdoppelte sich Harema flächenmäßig mit dem Umzug in die Maria-Goeppert-Mayer-Straße in Rodgau. 2020 gehörte man zu den Gründungsmitgliedern der Tubeless Deutschland GbR. Nebenbei wird er 2019 Mitglied der IHK-Vollversammlung.
Die „vogelfreien“ Jahre
Mit dem Austritt aus der Highclean Gruppe 2021 ist Harema wieder auf sich allein gestellt. Doch das bremst nicht den Entwicklungsdrang. Ganz im Gegenteil. 2023 wird Harema Mitglied der Toussaint Gruppe und als Firma Mitglied der Topserv. Darüber hinaus liegt ihm die Förderung der jungen Generationen am Herzen.
Mit mehreren Unternehmen rief er die „Rodgau open Industrie“ ins Leben. Beim ersten Mal hatten 500 Schüler die Möglichkeit in die heimischen Unternehmen zu schauen und sich eine Berufsvororientierung geben zu lassen. Das ist sein Dank an die Kommune und sein Wunsch der Gesellschaft etwas zurückzugeben.
Der Privatmann Hammel
„Doch, den gibt es auch.“, sagt er schmunzelnd, „Natürlich habe ich viel Zeit in die die Firma investiert, so dass ich schon sagen kann, mein Leben war und ist die Harema. Aber der Privatmann Hammel hat sich darüber hinaus auch sportlich betätigt.“ In jungen Jahren ist er zum Beispiel extensiv und sehr leidenschaftlich Mountainbike gefahren, was er seit kurzem wieder mit einem E-Mountainbike aufgenommen hat. Natürlich nicht mehr mit dem gleichen Feuereifer wie in den frühen 1980ern, flachst er.
Doch zuMit seiner Frau geht’s noch regelmäßig zum Skifahren. Und eine Leidenschaft, die zwar nichts mit der aktiven Ausübung einer Sportart zu tun hat, ist der Motorsport.
Er fährt nicht selbst, mag aber die Rennen als Events. Im Alter von 16 hat ihn das Virus infiziert und nicht wieder losgelassen. Und in der restlichen Zeit steht die Kontaktpflege mit seiner Freundesclique, die teilweise schon seit seiner Schulzeit Bestand hat.
Wie stellt er sich die Zukunft vor?
„Keiner kann in Glaskugel die Zukunft erblicken, aber ich stehe jetzt 50 Jahre im Berufsleben und denke, ich bin dabei das Unternehmen so aufzustellen, dass es im Zusammenhang mit Topserv weiterexistieren kann und wird.“
Einen wichtigen Part nimmt da seine Tochter Jana ein, die seit fünf Jahren in der Firma tätig ist. Er kann sich zwar keinen Rückzug von heute auf morgen vorstellen, jedoch einen geordneten Abgang über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren.
Sein Ratschlag, den er gerne an die jungen Generationen weitergeben möchte: „Die Voraussetzung für ein zufriedenes Arbeitsleben ist ein Berufsabschluss, der möglichst nicht ganz schlecht sein sollte. Geht in die Betriebe und probiert Euch aus. Wenn nicht der erste der richtige ist, dann geht weiter. Nehmt euer Leben in die Hand und lasst euch nicht in eine Chill-Gesellschaft ziehen. Und abschließend mein zweiter Grundsatz, passend zu der obigen Aussage: Handeln, anstatt gehandelt zu werden.“
Text: Mark Schmiechen