Eine ungewöhnliche Geschichte
Wäre es nach dem Willen seines Vaters gegangen, dann hätte Gianpaolo Redi vermutlich eine Laufbahn bei der ita-lienischen Eisenbahn eingeschlagen oder wäre Buchhalter geworden. Denn sein Vater war bei der italienischen Staats-bahn, erst als Zugbegleiter, später als Bahnhofsvorsteher, angestellt. Doch er hatte ganz andere Ideen, wie seine Zu-kunft aussehen sollte. Am 2. April 1943 in Abano Terme, einem Vorort von Padua in der Provinz Venetien geboren, wuchs zusammen mit seinen beiden Schwestern auf und wie es in Italien üblich war, lebten ebenfalls seine Großeltern sowie sein Onkel mit seiner Familie mit im gleichen Haus. Seine Mama war Hausfrau und der Vater, wie schon erwähnt Eisenbahner, der es gerne gesehen hätte, wenn der Sohn im nachgefolgt wäre.
Mit 16 die Schule geschmissen
Gianpaolo Redi schmiss mit 16 Jahren die Schule und ver-kündete, dass er als Kellner in die Gastronomie werden woll-te. Sein Vater war natürlich erstaunt, aber und das betont er, immer bei seinen Plänen unterstützt und respektiert, aber: „Für ihn gab es nur das Credo, dass man in unserer Familie entweder die Schule zu Ende machen musste oder dann halt arbeiten geht.“ Abano Terme ist in der Region ein beliebter Kurort und deswegen gibt in seinem Heimatort viele Hotels. So kam er überhaupt auf die Idee, weil er mit-bekommen hatte, dass die Kellner nicht schlecht verdienen und in der Regel gut versorgt waren, insbesondere dann, wenn sie verschiedene Fremdsprachen beherrschten.
Deutschland war das erste Ziel
Als erstes Ziel, um Sprachen zu erlernen, wählte er auf-grund der Tatsache, dass in Abano Terme viel Deutsche zu Gast waren, Deutschland aus. Nach einer kurzen Zeit in einem Hotel in vor Ort, während der er fleißig Bewer-bungsbriefe an deutsche Hotels geschrieben hatte, bekam er eine Zusage vom Hotel Prinzregent in Duisburg. Ohne großes Gepäck und keine Deutschkenntnisse fuhr er mit dem Zug im Oktober 1959 nach Duisburg. Immer in den täglichen Pausen hat er seine Sprachkenntnisse aufgebes-sert. Doch es hielt ihn nur ein Jahr in Deutschland, dann ging es nach für ein halbes Jahr nach Frankreich, um die nächste Sprache zu erlernen. Der nächste Aufenthalt führ-te ihn wieder nach Deutschland, ins Parkhotel in Saarbrü-cken. Bedingt durch eine Erkrankung zieht es ihn im Alter von 18 zurück nach Italien, wo er seinen anderthalbjährigen Militärdienst ableistet. Auf geht es nach England
Den Dienst beendet, fing er erneut in einem Hotel als Kell-ner an, verlor jedoch sein Ziel, sich Fremdsprachen anzu-eignen, nicht aus den Augen und verlegte seinen nächsten Auslandsaufenthalt nach Leicester in England. Da muss er kurz lachen: „Damals gingen viele junge Italiener zum Arbeiten nach England und dabei hat man in der Hotelle-rie kein Geld verdient, sondern sich nur für Kost und Logis verdingt. Für mich war das kein Problem, denn ich habe ja mein Ziel verfolgt.“ Der nächste große Karriereschritt er-gab sich wiederum aus einer Gelegenheit. Vermittelt durch einen Onkel wurde ihm eine Stelle als Assistent der Ge-schäftsführung angeboten, welche er dann aber bei seinem derzeitigen Chef im Hotel Astoria übernehmen konnte. „Ei-gentlich hatte ich gar keine Ahnung von dem Aufgabenge-biet, dass ich da übernehmen sollte, aber eine gute Freun-din hat mir sozusagen im privaten Abendunterricht alles Nötige beigebracht“, lässt er die Jahre Revue passieren. 1968, mit nur 25 Jahren, machte sein Chef ihn dann, weil er es ihm zutraute und vor allen Dingen auch ihm vertraute, zum Hoteldirektor. Über 10 Jahre leitete er das Hotel und versuchte sich dann 1 Jahr lang als Betreiber der ältesten Osteria Paduas. Der Zufall wollte es so
„Eigentlich“,, so erzählt Gianpaolo Redi schmunzelnd, „hat mich der pure Zufall in die Reinigungsbranche gebracht. Nachdem ich meine Restaurantpläne aufgegeben hatte, weil es einfach schon sehr arbeitsintensiv war, wurde ich an-gefragt, ob ich, weil ich ja Deutsch konnte, als Dolmetscher Euromop auf die Reinigungsmesse in Düsseldorf begleite. Ich hatte von den Produkten zwar keine Ahnung, da die Be-zahlung ziemlich gut war, konnte ich, obwohl ich mir erst einmal eine halbjährige Auszeit nehmen wollte, nicht ‚Nein‘ sagen.“ Nach der Messe übernahm er noch die Abarbeitung der Messekontakte und wollte eigentlich wieder zurück ins Hotel. Das war leider nicht mehr möglich und darüber hinaus bot man ihm bei Euromop eine die Möglichkeit als selbst-ständiger Handelsvertreter die Produkte weiterhin weltweit zu vertreiben. Im zweiten Jahr lief das Geschäft für ihn schon sehr gut und Mitte der 1970er-Jahre kam der Gründer von T.T.S. auf ihn zu und bot ihm eine 15-prozentige Firmenbetei-ligung an, wenn er der neue Vertriebschef würde. Aufgrund von Unstimmigkeiten in der Geschäftsführung bei T.T.S be-gann er wieder umzudenken, was letztlich 1990 zur Gründung seiner eigenen Firma Ready Systems führte. Er begann mit der Produktion von Reinigungswagen und baute über die Jahre ein sehr erfolgreiches Exportgeschäft mit Reinigungs-produkten auf. Im September 2000 wurde Ready Systems in die Interpump- Gruppe integriert, da diese zwischenzeit-lich Euromop akquiriert hatte, die mit 49 Prozent an Rea-dy Systems beteiligt war. Gianpaolo Redi blieb weiterhin, mittlerweile zusammen mit seinem Sohn Michele, Teilha-ber seiner eigenen Firma. Da sich die Interpump-Gruppe aber mehr auf das Geschäft mit Hydraulikkomponenten konzentrierte, sollte die Reinigungssparte veräußert wer-den und ging 2005 mehrheitlich an die IPC Group. Den Schlussstrich unter Ready Systems zog er dann 2018 mit dem Verkauf seiner Anteile an Tennant. Ganz das Ende war es dann aber doch nicht, denn Kärcher kam auf ihn und seinen Sohn mit der Frage zu, ob sie exklusiv Reinigungs-wagen produzieren können. Dieses Projekt endete mit Be-ginn der Coronazeit, wobei der Name Redi der Branche der erhalten bleibt, da sein Sohn weiterhin tätig ist.
Irgendwann ist dann auch mal Schluss
So sehr er auch gerne in der Branche unterwegs war und sogar heute noch Anfragen bekommt, hat er jetzt viel Zeit für sein Haus mit 2.000 Quadratmeter Garten sowie noch einmal 11.000 Quadratmeter Wald. Es gibt also genug zu tun, aber gleichfalls genug Ruhe, was deutlich gesünder ist als das vorherige Leben, denn, so stellt er fest: „Früher war ich pro Jahr rund 150.000 Kilometer im Auto unterwegs und habe somit viel Lebenszeit dabei verbracht sowie vielleicht auch ein paar Dinge in der Familie verpasst. Es ist einfach auch schön, mal gar nichts zu tun.